Der Wunsch bei diesem besonderen Lauf einmal dabei zu sein, bestand schon seit langem, genauer gesagt seit 6 Jahren, als mir ein Prospekt für die 40. Auflage des Rennsteig-Laufs in die Hände fiel. Aber es bedarf schon einiger Überwindung, 73,5km und 1867 Höhenmeter anzugehen. Im Herbst haben Bernd und ich uns dann voller Elan angemeldet - und alle Lauffreunde haben uns sofort für verrückt erklärt. Dann kam auch noch Bernds Skiunfall und das Projekt Rennsteig schien für dieses Jahr geplatzt zu sein. Doch Woche für Woche ging es besser, so dass uns schließlich die letzten Vorbereitungsläufe auf den Hohen Peißenberg zuversichtlich stimmten. Und am Freitag, den 19. Mai, fuhren wir los Richtung Eisenach. Die Wartburgstadt ist der Ausgangspunkt für den so genannten Supermarathon (es gibt auch einen klassischen Marathon und einen Halbmarathon sowie eine Nordic Walking Wanderung, die jeweils an anderen Orten starten). Während Eisenach auf 215m über dem Meeresspiegel liegt, weist der gemeinsame Zielort Schmiedefeld beachtliche 711m aus. Dazwischen liegen allerdings einige Berge, die auf dem langen Weg durch den Thüringer Wald überwunden werden müssen; der Große Beerberg bei km 62 ist mit 974m die höchste Erhebung.
Los ging es ungewöhnlich früh: Am Samstagmorgen um 6:00 Uhr machten sich über 2000 Teilnehmer auf den Weg von Eisenach nach Schmiedefeld.
Bis zum Großen Inselberg bei km 25 ging es gefühlt nur bergauf. Nach ziemlich genau 3 Stunden hatten wir diesen ersten Gipfel mit über 900m erreicht. Die nächsten 15km waren ein ständiges Auf und Ab und ließen sich gut bewältigen. Da wir uns der noch kommenden Anstrengungen sehr bewusst waren, liefen wir auf dieser Passage deutlich langsamer als bei einem Stadtmarathon und nutzten jeden Anstieg zur Erholung mit "Gehpausen". An den Verpflegungsstationen stärkten wir uns mit Haferschleim, Schmalzbroten, Zitronen, Bananen und anderen Köstlichkeiten, die die zahlreichen Helfer bereit hielten. Das nächste Zwischenziel war das Wintersportzentrum Oberhof bei km 54, das wir nach 6:37 Stunden erreichten. Dort gab es die Möglichkeit auszusteigen und trotzdem in eine Ultramarathon-Wertung zu kommen. Aber wir waren uns sofort einig, die letzten knapp 20km anzugehen.
Der Beerberg lag zwar noch vor uns, aber danach sollte die Strecke fast durchgehend nur noch bergab nach Schmiedefeld führen.
Nach 9 Stunden, 8 Minuten und 13 Sekunden liefen wir zeitgleich über die Ziellinie.
In der Gesamtwertung kamen wir damit auf die Plätze 1118 und 1119 von 1650 männlichen Teilnehmern, die das Ziel erreichten. In der AK M60 (Klaus) bedeutete dies Platz 45, in der M55 (Bernd) allerdings "nur" Platz 136. Nebenbei bemerkt, fast 400 Frauen beendeten den Supermarathon. Hatten wir uns Ziele gesetzt? Zuallererst einmal ankommen, wenn möglich unter 10 Stunden. Einen Schnitt von 8 km/h oder 7:30min/km zu halten war die nächste Marke, die wir auch unterboten. Um unter der 9-Stundengrenze zu bleiben, wäre ein Schnitt von 7:20min/km notwendig gewesen. Dies schafften wir aber nur bis zur Hälfte der Strecke.
Im Ziel durften wir unsere Goldmedaille in Empfang nehmen, ehe wir frisch geduscht, das Finisher T-Shirt stolz tragend, im großen Festzelt das redlich verdiente Schwarzbier und Thüringer Rostbratwurst genossen. Trotz der Größe der Veranstaltung hatte der Rennsteiglauf auch nach 45 Jahren immer noch familiären Charakter. Viele Läufer waren "Wiederholungstäter", die Stimmung im Festzelt war entsprechend. Wiederkommen ist auch für uns eine Option; aber ob wir uns nochmals auf die Ultramarathon-Strecke wagen, ist im Moment eher unwahrscheinlich. Dann schon eher den Marathon laufen.